Wenn Google im B2B-Kontext versagt

Jeden Tag beschäftigen wir die Google-Suchmaschine weltweit mit schätzungsweise 5,6 Milliarden Suchanfragen. Und ich wage zu behaupten, dass die meisten von uns „googeln“, wann immer sie eine Information benötigen, völlig egal, ob es sich um einen privaten oder beruflichen Kontext handelt. Denn die Erfahrung hat uns gezeigt, dass wir auf diesem Wege im Alltag schnell eine Antwort mit hoher Relevanz erhalten. Gründe dafür sind die intelligente Technologie der Suchmaschine sowie die Masse an Informationen, die ihr zugänglich ist. Wenn es aber um spezifische fachliche Informationen geht, passiert es häufiger, dass Suchmaschinen uns nicht die gewünschte Antwort liefern können. Typische Serviceanfragen im B2B-Bereich (z. B. wenn eine technische Komponente defekt ist) laufen hier häufig ins Leere.

In einem solchen fachlichen Kontext hilft es den Suchenden schon einmal, wenn Produkthersteller technische Dokumentation und andere relevante Produktinformationen in einem eigenen Webportal zur Verfügung stellen, das wiederum durch Suchmaschinen gefunden werden kann. So gelangen Suchende zumindest schnell zu einem umfangreichen Pool potenziell relevanter Inhalte. Nun gilt es jedoch, in diesem Pool die Antwort auf die ursprüngliche Suchanfrage zu finden. Beschränkt sich die Suchfunktion eines solchen Portals auf eine Volltextsuche und einige Filter, könnten es Anwender schwer haben, passende Antworten zu finden. Wieso ist das so?

Wird beispielsweise in der Suchzeile nach „Fehler“ gesucht, während das relevante Kapitel nur von „Störungen“ spricht, bleibt die Suche u. U. ergebnislos. In so einem Suchsystem müssen die gestellten Fragen und die genutzten Begriffe mit der Terminologie in den hinterlegten Informationen übereinstimmen, denn eine Volltextsuche sucht nicht thematisch, sondern explizit nach Begriffen. Zwar kann sie die Häufigkeit oder strukturelle Eigenschaften von Suchbegriffen (z. B. Vorkommen im Titel) berücksichtigen, von sich aus aber keine echte Relevanz erkennen. Die Vielfalt der Sprache – insbesondere der deutschen – ist ein erschwerender Faktor. Eine „Schwarmintelligenz“, wie sie sich Google durch die enorme Menge an Suchanfragen und verfügbaren Informationen zunutze macht, kann ein Informationsportal im B2B-Bereich nicht ausbilden. Es braucht einen anderen Weg, um ein solches ein System „intelligent“ zu machen.

NLP bewältigt die Vielfalt der Sprache

Die Lösung heißt Natural-Language-Processing-Technologie, kurz NLP-Technologie. Diese Technik gehört zum Bereich der künstlichen Intelligenz und ermöglicht es Computern, mit der Komplexität und Vielfalt natürlicher Sprache umzugehen. Einer Wissensdatenbank, die über NLP-Technologie verfügt, kann man mit Beispielsätzen „beibringen“, welche Suchintention und welches Informationsbedürfnis hinter Anfragen stecken und welche Inhalte hierfür jeweils am relevantesten sind. Das klingt aufwändiger, als es ist. Denn im B2B-Bereich gibt es klassischerweise eine begrenzte Anzahl von Anwendungsfällen und Produktbezeichnungen, was die Möglichkeiten limitiert. Ein NLP-fähiges System kann beispielsweise so programmiert werden, dass es selbst Informationen durch Nachfragen eingrenzt. Dies kennt man von Chatbots, die gern im verbraucherorientierten Support eingesetzt werden. Allerdings muss die Nachfrage des Systems im B2B-Kontext keine emotionale Dialogsituation nachbilden.

In einem NLP-fähigen System könnte ein Suchvorgang beispielsweise so aussehen: Die Suche „Sensor funktioniert nicht“ ist unspezifisch. Daher gibt das System im nächsten Schritt mögliche Produktnamen und Situationen vor. Da es die Produktart (Sensor) erkennt, gibt es auch nur passende Produktnamen vor. Wählt der Anwender per Klick sein Produkt – dessen Bezeichnung er in der Regel im B2B-Bereich kennt –, gelangt er sofort zur benötigten Information. Darüber hinaus erhält er über Verlinkungen weitere kontextbezogene Informationen.

Damit das funktioniert, wurden im Vorfeld die wichtigsten Anwendungssituationen aus der Dokumentation mit möglichen Fragen definiert. Einige Anwendungssituationen für Sensoren wären:

  • Montage
  • Konfiguration
  • Wartung
  • Betrieb
  • Problemfall / Troubleshooting

Anwendersuchanfragen könnten beispielhaft so aussehen:

  • Sensor funktioniert nicht
  • Wartungsintervall für Sensor xyz
  • Werkzeuge für Wartung
  • Wie stelle ich die Software auf xyz ein

NLP-Technologie erschließt aus den Suchanfragen die Anwendungssituationen und Produkte. Wenn eines der beiden Themen nicht klar erkennbar ist, stellt das System Rückfragen (z. B. gibt es wie im Beispiel Produktnamen vor, die der Anwender auswählen kann).

NLP unterstützt den Service

Unternehmen, die intelligente Technologien wie NLP nutzen, profitieren nicht nur von der deutlich erhöhten Zufriedenheit ihrer Produktanwender und weniger Standardanfragen beim Kundendienst. Damit hat der Service mehr Kapazitäten frei für anspruchsvolle Anfragen und kann diese effizienter und schneller beantworten. Darüber hinaus lässt sich nicht jede Frage von den Mitarbeitenden aus dem Stegreif beantworten. Immer wieder sind Recherchen nötig, die zum Teil bis zu Nachfragen in der Entwicklungsabteilung reichen. In einer internen Wissensdatenbank können vielfältige Quellen von Service-Tickets zu früheren Anfragen über Mails bis hin zu Serviceunterlagen und Betriebsanleitungen enthalten sein. Das erhöht die sprachliche Varianz zusätzlich und macht den Einsatz von Technologien, die mit natürlicher Sprache umgehen können, umso wertvoller. Denn mit NLP-Unterstützung kann der Service relevante Informationen in den unterschiedlichen Quellen viel schneller ausmachen und Kundenanfragen effizient und zufriedenstellend beantworten.